Der 1. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig hebt in seinem Beschluss vom 14.06.2012 (Az.: Ws 44/12 und Ws 45/12) – auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Braunschweig – den Beschluss des Landgerichts Braunschweig (Wirtschaftsstrafkammer) auf und lässt die Anklage der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 24.08.2011 zur Hauptverhandlung zu.
Hierfür stellt das OLG Braunschweig hinsichtlich der Strafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern wegen Untreue folgende Grundsätze auf:
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- 1. Ein Aufsichtsratsmitglied trifft auch in eigenen Vergütungsangelegenheiten eine Vermögensbetreuungspflicht, wenn sich der Vorwurf nicht auf das Aushandeln einer überhöhten Vergütung durch das Aufsichtsratsmitglied, sondern auf die Abrechnung und Auszahlung einer Vergütung unter bewusstem Verstoß gegen eine Satzung i.S.d. § 113 AktG richtet.
- 2. Ist im Rahmen der geltenden Satzung eine gebotene Verfahrensweise – ohne weiteren Handlungsspielraum – vorgegeben, so ist der Untreuetatbestand weder durch das Merkmal einer gravierenden Pflichtverletzung noch aus anderen Gründen einzuschränken.
- 3. Aufsichtsratsmitglieder haben eine Garantenstellung i.S.d. auf den Untreuetatbestand anwendbaren § 13 StGB.
- 4. Den Aufsichtsratsvorsitzenden trifft eine Handlungspflicht. Wenn er Kenntnis von bevorstehenden – satzungswidrigen Zahlungen an andere Aufsichtsratsmitglieder erlangt – muss er in Erfüllung seiner Garantenpflicht den Aufsichtsrat gemäß § 110 Abs. 1 AktG einberufen, um einen Beschluss (vgl. § 108 Abs. 1 AktG) zu erwirken, der den Vorstand zur Änderung der rechtswidrigen Vorgehensweise anhält.
- 5. In diesen Fällen sind die übrigen – einfachen – Aufsichtsratsmitglieder verpflichtet, den Aufsichtsratsvorsitzenden zur Einberufung des Kontrollgremiums zu veranlassen oder – bei Weigerung des Aufsichtsvorsitzenden – den Aufsichtsrat selbst gemäß § 110 Abs. 2 AktG einzuberufen.
- 6. Aufsichtsratsmitglieder können sich nicht darauf berufen, dass bei einer Aufsichtsratssitzung die erforderliche Stimmenmehrheit verfehlt worden wäre. Von der strafrechtlichen Mitverantwortung werden sie nur befreit, wenn sie alles Zumutbare tun, um die notwendige Kollegialentscheidung herbeizuführen.