1 StR 389/13

Das Landgericht Augsburg hatte einen Arzt, welcher auf Substitionsbehandlungen rauschgiftsüchtiger Patienten spezialisiert ist, wegen zweier tatmehrheitlicher Fälle der Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. In beiden Fällen hatte er an heroinabhängige Patienten zu Substitutionszwecken sog. Fentanyl-Pflaster verschrieben. Beide Patienten kochten diese Pflaster aus und injizierten sich die ausgekochten Wirkstoffe intravenös, wobei es in beiden Fällen zu einer Überdosis kam, an deren unmittelbaren Folgen beide Patienten verstarben.

Zwar war sich der Angeklagte grundsätzlich in beiden Fällen über die Möglichkeit des geschilderten Geschehensablaufes bewusst, allerdings stellte der BGH nunmehr mit Beschluss vom 16.01.2014 (AZ: 1StR 389/13) klar, dass als maßgebliches Abgrenzungskriterium zwischen einer straflosen Beteiligung an einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung einerseits und einer Fremdgefährdung eines anderen andererseits die Trennlinie zwischen Täterschaft und Teilnahme dient. Von entscheidender Relevanz ist demnach die Eigenverantwortlichkeit des Entschlusses des jeweils betroffenen Rechtsgutinhabers hinsichtlich einer Gefährdung seines Lebens bzw. seiner körperlichen Integrität. Eine Täterschaft desjenigen, der die Selbstgefährdung fördert kommt daher nur in Betracht, wenn er infolge eines bei dem sich selbst Gefährdenden bestehenden Mangels der Eigenverantwortlichkeit Tatherrschaft über das Geschehen erlangt hat.

Zwar kann überlegenes Sachwissen eine derartige Handlungsherrschaft grundsätzlich begründen. Der Angeklagte war vorliegend infolge seiner jahrelangen Berufserfahrung und spezifischen Fachkenntnise sach- und fachkundig. Allerdings stellte der BGH nunmehr klar, dass -entgegen der Vorgehensweise des Landgerichts- nicht aussschließlich an den besonderen Kenntnissen des Angeklagten Maß zu nehmen ist. Die Beurteilung einer Überlegenheit an Sachwissen setzt überdies vielmehr auch eine Auseinandersetzung mit dem Wissensstand der sich selbst Gefährdenden voraus. Bei diesen handelte es sich schließlich um Personen mit langer Suchtkarriere, bei denen mittels glaubhafter Zeugenaussagen die Vermutung nahe gelegt wurde, diese seien sich der Risiken und Gefahren einer Überdosierung bewusst gewesen. Auf ein darüber hinaus gehendes medizinisches Fachwissen in Bezug auf Wirkungszusammenhänge kommt es hingegen nicht an. Es besteht überdies kein allgemeiner Erfahrungssatz, nach dem Betäubungsmittelkonsumenten per se nicht zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung fähig sind. Stattdessen hätte es hier seitens des Landgerichts vielmehr der Feststellung konkreter Anhaltspunkte für das Vorliegen von die Eigenverantwortlichkeit einschränkender Umstände bedurft.