Der 1. Senat des Bundesgerichtshofes führt mit seinem Urteil vom 07.02.2012 (BGH 1 StR 525/11) seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2008 (BGH 1 StR 416/08) zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung fort.

Das Landgericht Augsburg hatte den angeklagten geschäftsführenden (25 %) Gesellschafter einer GmbH wegen Steuerhinterziehung in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Angeklagte hatte nach den Feststellungen des Landgerichts Einkommensteuer für das Jahr 2002 in Höhe von 892.715,00 € und Lohnsteuer für Oktober 2006 in Höhe von 240.870,00 € hinterzogen.

Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des angeklagten Geschäftsführeres Revision ein.

Der BGH sieht sowohl in der von dem Landgericht ausgeurteilten Einzelfreiheitsstrafen als auch in der Festlegung der Gesamtfreiheitsstrafe einen revisionrechtlich zu beanstandenden Wertungfehler des Landgerichts, weshalb das Urteil aufzuheben war.

Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht in § 370 Abs. 3 Satz 1 Abgabenordnung (AO) für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der Regel dann vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Vorteile erlangt.

Der BGH führt in seinem Urteil wörtlich aus:

„… Der in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung ist bei besonders hohen Hinterziehungsbeträgen dadurch Rechnung zu tragen, dass bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein kann. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht … Der Senat sieht jedoch Anlass, nochmals darauf hinzuweisen, dass es bei Steuerhinterziehungen beträchtlichen Umfangs von Gewicht ist, die Rechtstreue der Bevölkerung auch auf dem Gebiet des Steuerrechts zu erhalten. Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe kann sich daher zur Verteidigung der Rechtsordnung als notwendig erweisen, wenn die Tat Ausdruck einer verbreiteten Einstellung ist, die eine durch einen erheblichen Unrechtsgehalt gekennzeichnete Norm nicht ernst nimmt und von vornherein auf die Strafaussetzung vertraut. …“

Danach steht der Trend der höchstrichterlichen Rechtssprechung fest: Bei Steuerschäden „in Millionenhöhe“ wird die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe also nur noch ausnahmsweise zur Bewährung ausgesetzt werden. Eine erfolgsversprechende Verteidigung in Steuerstrafsachen muss diesem Trend Rechnung tragen.